- Wer ist Herr Knigge?
- Knigge-Regeln für die Arbeitswelt
- Was ziehe ich an? Der Knigge-Dresscode
- Die Knigge-Tischmanieren
- Seltsame oder veraltete Knigge-Regeln
- Alles Knigge, oder was?
- FAQ: Häufige Fragen und Antworten
Wer ist Herr Knigge?
Die Zeit der Aufklärung brachte nicht nur die moderne Wissenschaft, Philosophie und Demokratie sowie technische Fortschritte – sondern auch einen ganzen Codex an Verhaltensregeln. Als Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge im Jahre 1788 sein bekanntestes Buch „Über den Umgang mit Menschen“ veröffentlichte, legte er damit den Grundstein für ein bis heute gültiges Verständnis von guten Umgangsformen und angebrachtem Benehmen.
Dabei verfasste Knigge keine Benimmregeln im strengen Sinne, sondern das Buch beschäftigt sich auf Grundlage der Ideen der Aufklärung mit soziologischen und sozialpsychologischen Fragen des menschlichen Zusammenlebens. Knigge, der von 1752 bis 1796 lebte, stammt aus einer verarmten Adelsfamilie aus Niedersachsen und lebte nach seinem Jurastudium an verschiedenen deutschen Fürstenhöfen, an denen er diverse Schriften verfasste, darunter Romane, Biografien und philosophisch-gesellschaftliche Texte.
Eine Marke mit Eigenleben
Nach Knigges Tod wurden die Benimmregeln zum Teil von Knigges Verlag hinzugefügt oder ausgeschmückt und es erschienen in regelmäßigen Abständen neue Ausgaben, etwa mit Kleiderregeln. Später schrieben andere Autor:innen eigene Bücher mit Benimmregeln und beriefen sich dabei auf Knigge.
In diesem Sinne entwickelten „Der Knigge“ und „Knigge-Regeln“ als sehr erfolgreiche Marke für Etikette ein gewisses Eigenleben, das vom ursprünglichen Autor und seinem eigentlichen Werk losgelöst ist.
Good to know: Ein Mitglied aus Knigges Familie, Moritz Freiherr Knigge, der von 1968 bis 2021 lebte, veröffentlichte 2004 das Buch „Spielregeln: Wie wir miteinander umgehen sollten“, welches ebenfalls Anleitungen für korrekte Umgangsformen in der modernen Zeit zum Thema hatte.
Punktesammelfreude
Knigge-Regeln für die Arbeitswelt
Auch wenn also heutige Knigge-Regeln nicht unbedingt etwas mit Herrn Knigge aus dem 18. Jahrhundert zu tun haben, bestehen unter dem Schlagwort Knigge in vielen Lebensbereichen allgemein akzeptierte Normen für richtiges Verhalten. Dies gilt insbesondere für den Business-Knigge in der Arbeitswelt.
So gibt der Business-Knigge zum Beispiel Regeln für die richtige Begrüßung vor:
- Bei Treffen im beruflichen Kontext sind die Anwesenden in der Reihenfolge ihres beruflichen Rangs begrüßen, nicht nach persönlicher Beziehung oder Geschlecht. Sind akademische Titel wie Doktor:in oder Professor:in bekannt, müssen diese Teil der höflichen Anrede sein.
- Ist der berufliche Rang der anwesenden Personen nicht bekannt, solltest du sie von links beginnend der Reihenfolge nach begrüßen.
- Wer einen Raum oder Bereich neu betritt, grüßt zuerst, etwa im Büro, Konferenzraum oder Fahrstuhl.
- Im schriftlichen Verkehr sollte die Anrede nicht zu formlos sein. Vor allem in E-Mails können ein einfaches Hallo oder Abkürzungen wie MfG einen unguten Eindruck hinterlassen.
- Findet ein Kontakt zum ersten Mal statt, ist die höfliche Anrede Sie angebracht. Erst wenn das Du von der beruflich ranghöheren Person angeboten wird, ist diese Anrede zu verwenden.
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Zudem existieren Knigge-Regeln zu korrektem Verhalten in der Arbeitswelt:
- Ob Meeting oder andere Vereinbarungen, eine der wichtigsten Verhaltensregeln ist Pünktlichkeit. Kolleg:innen oder Geschäftspartner:innen warten zu lassen, gilt als grob unhöflich.
- Der Austausch von Visitenkarten gehört zum guten Ton, wobei es wichtig ist, die Karte des Gegenübers einige Sekunden lang anzuschauen und nicht direkt in die Tasche zu stecken.
- Während eines geschäftlichen Meetings ist es Ausdruck von Respekt für die Anwesenden, das eigene Telefon stumm zu stellen. Nur in absoluten Notfällen solltest du mit einer entsprechenden Entschuldigung rangehen.
- Es ist wichtig, immer die Distanzzone der anderen zu wahren. Viele Menschen empfinden es als unangenehm, wenn jemand ihnen im Gespräch zu nahe ist oder sie ungefragt berührt.
- Ein respektvoller Umgangston ist auch in Krisensituationen wichtig. Wutausbrüche, Bloßstellungen oder persönliche Angriffe werfen vor allem ein schlechtes Licht auf die äußernde Person.
Good to know: Der berühmte Smalltalk zwischen Meetings zu unverfänglichen Themen wie Wetter oder Urlaubserlebnisse wird zwar häufig belächelt, sorgt aber für eine lockere und freundliche Atmosphäre und gehört zum Business-Knigge.
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Was ziehe ich an? Der Knigge-Dresscode
Für Veranstaltung oder Treffen, bei denen eine bestimmte Kleidung angemessen ist, um nicht negativ aufzufallen, hält der Knigge ebenso einige Richtlinien parat.
Für die richtige Business-Kleidung gilt etwa: Für in der Medienbranche Arbeitende reicht ein schickes Hemd oder eine Bluse zu einer Jeans, bei Jurist:innen sollte es der komplette Anzug sein. Welche Kleidung angemessen ist, hängt zudem stark von der Unternehmenskultur ab. Es gibt aber einige grundlegende Knigge-Ratschläge:
- Frauen liegen in den meisten Fällen mit einem Hosenanzug oder einer eleganten Bluse mit Blazer und Rock richtig. Zu bunte, auffällige oder körperbetonte Kleidung wirkt im geschäftlichen Kontext hingegen in der Regel unangebracht.
- Für Männer ist ein Anzug mit Hemd und Krawatte in dezenten Farben eine sichere Option. Dabei gibt es einige Details zu beachten: So sollte der Anzug nirgendwo am Körper spannen, aber auch nicht zu locker sitzen. Die Ärmel des Jacketts enden am Daumenansatz, wobei das Hemd für den farblichen Akzent noch etwas hervorragt. Im Stehen ist das Jackett nur mit einem Knopf zu schließen und im Sitzen wird es geöffnet. Und auch Hosenträger wollen richtig getragen werden.
- Für Frauen und Männer gilt im Business-Kontext gleichermaßen, dass die Schuhe elegant, gut geputzt und nicht zu auffällig sind.
In den meisten Fällen gibt auf der Einladung für Hochzeiten und besondere Anlässe ein Dresscode an, welche Garderobe für Frauen und Männer als Hochzeitsgäst:innen oder bei einer Abendveranstaltung gewünscht ist. Zu gängigen Dresscodes erklärt Knigge:
- Black Tie oder Cravate Noir: Für diesen festlichen Stil sollen Männer einen schwarzen Smoking, mit weißem Hemd, Kummerbund oder Weste sowie Einstecktuch sowie zum Smoking passende Schuhe tragen. Und – der Dresscodename ist da etwas irreführend – keine Krawatte, sondern eine schwarze Fliege. Frauen sind angebracht gekleidet mit einem einfarbigen, eleganten Abendkleid.
- White Tie oder Cravate Blanche: Die weiße Fliege toppt bei der Festlichkeit die schwarze und dieser Dresscode ist in der Regel nur für hochoffizielle Anlässe wie Bälle oder Staatsbanketts vorgesehen. Das bedeutet für Männer, einen Frack und Lackschuhe, für Frauen, ein bodenlanges Abendkleid in Schwarz, Weiß oder Grau zu tragen.
- Informal: Dieser Kleidungsstil meint, dass kein Smoking oder Frack nötig ist. Ein schicker Anzug ist für Männer aber angebracht, genauso wie ein Abendkleid für Frauen.
- Business Casual: Beim Businessbrunch oder auf Geschäftsreisen ist häufig der legere Business Casual Look gefragt. Für Herren kann das ein farbiges Oberhemd sein, das in die Hose gesteckt wird, keine Krawatte und schicke Sneaker an den Füßen sind okay. Frauen können Pullover, Röcke oder Hosen kreativ mit modischen Blusen kombinieren.
Good to know: Grundsätzlich hat sich der Dresscode in der Arbeitswelt in den vergangenen Jahrzehnten gelockert, etwa die Hälfte der Beschäftigten kleidet sich während der Arbeitszeit inzwischen nach dem eigenen Geschmack. Im Trend liegt auch das sogenannte Powerdressing.
Extra-Tipp
Die Knigge-Tischmanieren
Berühmt ist der Knigge ebenso für die Benimmregeln zu Tisch und diese haben nicht an Aktualität verloren. Egal ob bei Gastgeber:innen zu Hause oder in Sternerestaurant – beim Essen sollten folgenden Punkte beachtet werden:
- Es sollte selbstverständlich sein: Schmatzen, Rülpsen und andere unappetitliche Geräusche sind beim Speisen mit anderen Menschen zu unterlassen. Gekaut wird mit geschlossenem Mund.
- Du darfst Platz nehmen, wenn die Gastgeber:innen dazu auffordern oder alle anderen Menschen am Tisch bereits sitzen. Auch mit dem Essen selbst wird erst begonnen, wenn die Gastgeber:innen es tun.
- Üblicherweise liegt neben dem Teller eine Serviette, die in den Schoß gelegt wird. Sie dient nur zum gelegentlichen Säubern der Mundwinkel und keinesfalls zum Naseputzen.
- Gute Tischmanieren zeigt, wer das Besteck zwischen Daumen und Mittelfinger hält, nicht in der Faust. Dabei gehört die Gabel in die linke und das Messer in die rechte Hand.
- Ein Weinglas ist immer am Stiel zu halten, damit der Wein nicht warm wird und keine Fingerabdrücke am Glas sichtbar sind. Oft starten die Mahlzeiten mit einem Toast der Gastgeber:innen. Auf deren ersten Schluck ist für Gäst:innen immer zu warten.
- Zudem gibt es regionale Unterschiede: Je nach lokalen Konventionen kann es unterschiedliche Regeln geben. So ruhen beide Unterarme in Deutschland zum Beispiel beim Essen auf der Tischkante, während im angelsächsischen Raum die linke Hand auf dem Schoß liegt.
Good to know: Im Restaurant signalisiert das parallel auf dem Teller liegende Besteck, wenn also Messer- und Gabelspitze auf zwischen zehn und elf Uhr liegen, dass du mit dem Essen fertig bist und die Kellner:innen den Teller abräumen können.
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Seltsame oder veraltete Knigge-Regeln
Der Knigge ist kein statisches Regelwerk, sondern verändert sich mit der Gesellschaft und Mode. Einige Verhaltensvorgaben aus früheren Jahrhunderten haben heute wenig Relevanz. Andere Knigge-Regeln sind so seltsam, dass sie guten Gewissens ignoriert werden können. Zum Beispiel:
- Anstandsrest: In frühen Benimmregelbüchern war oft zu lesen, dass aus Höflichkeit nicht die gesamte Mahlzeit auf dem Teller gegessen werden darf, sondern ein Rest bleiben muss. Diese Sitte gab es bereits in der Antike und sollte Großzügigkeit, Bescheidenheit und Wohlstand signalisieren. Inzwischen gilt sie jedoch vielerorts als veraltet – zumal es Verschwendung von Lebensmitteln ist.
- Nur mit Alkohol anstoßen: Oft liest sich noch die Knigge-Regel, dass nicht mit alkoholfreiem Wein oder anderen Getränken ohne Alkohol angestoßen werden darf. Das ist nicht mehr zeitgemäß.
- Weinregeln: Die Knigge-Regel, dass zu Fisch und Geflügel nur Weißwein und zu rotem Fleisch nur Rotwein getrunken werden soll, ist nicht mehr aktuell. Heute ist bekannt, dass es exzellente Weine beider Farben gibt, die geschmacklich zu einer Vielzahl von Gerichten passen.
- Eierteilen: Weil früher der Kontakt von nicht versiegelten Messern mit Eiweiß zu unschönen Verfärbungen am Besteck führte, gab es die Knigge-Regel, Eier nicht mit dem Messer zu schneiden. Mit modernen Legierungen ist dies aber nicht mehr der Fall und die Regel daher obsolet.
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Alles Knigge, oder was?
Die heute für viele Lebensbereiche geltenden Knigge-Regeln haben nur begrenzt etwas mit der historischen Figur des berühmten Freiherrn aus dem 18. Jahrhundert zu tun. Dennoch ist das Wort Knigge als Synonym für korrekte Umgangsformen in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen. Die Knigge-Regeln bieten eine gute Orientierung, die alle kennen sollten, um keine schlechte Figur zu machen – egal ob bei einem Geschäftsmeeting oder zu Tisch im schicken Restaurant.