Jochen, mit welchem Wein überzeugst du Leute, die keinen Riesling mögen?
Mit unserem Dreissigacker Vintages. Das ist ein Riesling, der aus vier verschiedenen Jahrgängen besteht – 2017, 2018, 2019 und 2020. Er hat die Aromenvielfalt vom Riesling, aber die Harmonie eines Burgunders. Viele fürchten beim Riesling die Säure – die hat dieser Wein nicht. Der Blend aus den verschiedenen Jahrgängen balanciert sich total gut aus. Und weil er das Potenzial zum Reifen hat, wird er außerdem mit jedem Jahr runder.
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Und warum schmeckt fast allen Grauburgunder?
Grauburgunder ist eine unglaublich universelle Rebsorte. Nicht zu kompliziert in den Aromen und dadurch ein sehr guter Begleiter zu fast jedem Gericht. Für uns Winzer:innen manchmal ein bisschen langweilig, weil die Spannung fehlt. Grauburgunder ist immer eine entspannte Wahl für jemanden, der es gerne unkompliziert mag und einfach nur ein schönes Glas Wein trinken möchte.
Wie bist du überhaupt zum Wein gekommen?
Als jüngerer zweier Brüder bin ich auf dem Weingut der Familie aufgewachsen und wollte wie mein Bruder schon früh Winzer werden. Das fanden meine Eltern anfangs nicht besonders gut, da sie dachten, wir wissen nicht, worauf wir uns einlassen. Auf ihren Wunsch hin habe ich mit 16 eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten gemacht und den Deal ausgetüftelt, dass ich nach bestandener Lehre doch noch Winzer werden darf.
Wo hast du das Wein machen gelernt?
Nach der Ausbildung fand ich glücklicherweise im Weingut Klaus Peter Keller einen spannenden Lehrbetrieb. Während ich die Ausbildung bei Keller absolvierte, habe ich parallel im heimischen Weingut meine ersten Experimente mit ökologischem Weinbau gemacht und nach und nach zu Hause alles umgestellt.
Wie sah diese Umstellung aus?
Mit Anfang 20 habe ich die Verantwortung für das Weingut übertragen bekommen und es zusammen mit meinem Bruder Christian vollständig umgekrempelt. Mit mehr als 50 verschiedenen Weinen auf der Liste hatten wir sehr wenig Fokus. Wir haben sie erst einmal auf zehn bis zwölf Weine reduziert und ganz andere Weine aufgebaut: Von 40 Prozent Rotwein sind wir auf trockene Weißweine wie Riesling und Grauburgunder gewechselt. Das führte prompt dazu, dass 70 Prozent unserer Kundschaft wegbrach. Davon haben wir uns aber nicht entmutigen lassen: Wir haben Weinberge getauscht, andere abgegeben, neue Lagen dazu geholt und alles neu aufgesetzt. Als 20-Jähriger hast du nichts zu verlieren und unsere Eltern haben uns machen lassen.
Du magst es prickelnd?
Und das sehr erfolgreich. Wie ist euch der Durchbruch denn dann gelungen?
Früher haben wir nur an direkte Konsument:innen, vor allem aus der Region, verkauft. Als ich das Weingut übernahm, wusste ich, dass wir eine stärkere Bühne brauchen, um die Weinszene von unserem neuen Profil zu überzeugen. Mein Glück war dann ein Berliner Weinhändler, der Mitleid mit mir hatte, als ich am letzten Tag der Messe ProWein nur drei Visitenkarten in der Hand hielt.
Was hat er getan?
Bei ihm durfte ich meine Weine vorstellen. Danach waren wir in sieben Berliner Top-Lokalen gelistet, darunter dem legendären Adlon, wo wir ein Jahr später auch Hauswein wurden. Wenn guter Stoff in der Flasche steckt, sind die Berliner grundsätzlich Neuem sehr aufgeschlossen.
Welche Länder sind neben Deutschland eure Top-Abnehmer?
Ganz klar Skandinavien. Norwegen, Schweden und Finnland in der Reihenfolge sind die größten Märkte. Totale Riesling-Länder und sehr affin für trockene Weißweine. Passt auch sehr gut zur Küche, da sie viel mit Fisch und sehr fein arbeiten. Asien wird auch immer mehr. Deutschland galt im Ausland lange als traditionelles Süßwein-Land. Als ich vor zwanzig Jahren mit meinen trockenen, burgundischen Rieslingen um die Ecke kam, haben das nicht alle verstanden. Insbesondere die Japaner:innen waren skeptisch, was mich wunderte, da sie ja auch ihren Tee eher herb mögen. Inzwischen haben wir Japan aber auch geknackt.
„Tim ist ein absoluter Freak, im positivsten Sinne, was die Kombination zwischen Essen und Wein betrifft.“
Und wie kam es zu der Partnerschaft mit dem Berliner Sternekoch Tim Raue?
Tim Raue habe ich auf einer Küchenparty im Fischers Fritz (ehemaliges Restaurant im Berliner Regent Hotel, Anm. d. Red.) kennengelernt und zunächst sehr skeptisch beäugt. Ich schickte ihm ein paar Flaschen von unserem Wein, woraufhin er mich dann aufforderte, nach Berlin zu kommen – er müsse mir was zeigen. Vorgesetzt bekam ich dann ein Acht-Gänge-Menü, das Jochen Dreissigacker Menü. Wir haben schnell gemerkt, wie gut unsere Weine zu seiner Küche passen. Nun mache ich fünf verschiedene Weine, die genau auf seine Gänge abgestimmt sind. Er ist ein absoluter Freak, im positivsten Sinne, was die Kombination zwischen Essen und Wein betrifft. Und mittlerweile ein sehr guter Freund.
Das ist Jochen Dreissigackers liebstes Foodpairing
„Ich habe es sogar einmal auf die GQ-Liste der 100 wichtigsten Deutschen unter 40 geschafft.“
Gab es noch weitere Meilensteine für dich?
Bei einem Staatsbesuch von Barack Obama in Berlin durften unsere Weine das Menü begleiten. Damit habe ich es sogar auf die GQ-Liste der 100 wichtigsten Deutschen unter 40 geschafft – das war sehr amüsant. Obama hat es übrigens geschmeckt: Später gingen noch ein paar Flaschen zu ihm in die USA. Beim Dinner selber durfte ich leider nicht dabei sein – ein Winzer mit einer Flasche Wein in der Nähe des Präsidenten war dem Secret Service zu heikel. Schade, über ein Glas Wein mit ihm hätte ich mich schon gefreut.
Was hat es denn mit dem Pariesling auf sich?
Das ist ein besonderer Riesling, den ich zusammen mit dem Fotografen Paul Ripke mache. Als er damals mit einem gemeinsamen Freund auf unseren Hof radelte, waren wir uns auf Anhieb sympathisch. Der Wein selbst war dann ein echter Zufallstreffer: Paul gefielen besonders unsere gereiften Rieslinge. Hängengeblieben sind wir dann bei einem älteren Experiment von mir aus 2018, welches bis dato noch im Keller ruhte. Nun ja – es hat uns so gut geschmeckt, dass wir daraus Pariesling machten.
Pariesling: Das steckt in der besonderen Cuvée
Gibt es einen Wein, den du gerne nochmal trinken willst?
Ja, einen Montrachet Chardonnay. Den habe ich zusammen mit zwei guten Freunden in einer kleinen Kneipe im französischen Meursault getrunken. Das war einer der besten Weine, die ich die ich je probiert habe. Montrachet ist eine winzig kleine Parzelle in der Region – von vielen Weinen gibt es dort nur ein Fässchen, das macht sie sehr selten und kostspielig.
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Welche Weinregion findest du geschmacklich am spannendsten?
Außerhalb von Deutschland faszinieren mich vor allem die traditionellen Anbaugebiete, zum Beispiel das Burgund – eine sehr kleinteilige, sehr perfektionistische und unheimlich spannende Region für Wein. In der Champagne geht es mir ähnlich. Da gibt es so viele großartige Winzerchampagner von kleineren Weingütern. Das macht echt viel Spaß.
Französische Verwandtschaft
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Informationen zu Weinproben und Besichtigungen unter
06242-2425 oder info@dreissigacker-wein.de