Mit Philip Vocke von firstlovecoffe im Gespräch über Kaffee, Unternehmensgründung und American Express
Herr Vocke, bitte erzählen Sie uns etwas über Ihre Arbeit, Ihr Unternehmen, seine Besonderheiten und seine Entstehungsgeschichte.
Wir sind im Mai 2018 mit FirstLoveCoffee an den Start gegangen. Die Idee war es, mit mobilen Coffeeshops und einem starken Markenerlebnis beste Kaffeequalität an Locations zu bringen, wo es sonst keinen Kaffee gibt.
Unsere türkisfarbenen Pferdeanhänger findet man deshalb auf Straßenfesten, Festivals wie dem Hurricane oder auch Sportveranstaltungen wie dem BMW Open Tennisturnier, Beachvolleyball- oder Windsurf-Events.
Außerdem machen wir Catering für Firmen und Privatkunden. Wir sorgen also auch auf Hochzeiten, Sommerfesten, Weihnachtsfeiern, Kundenveranstaltungen oder Werbe- und Promotion-Touren für erstklassigen Kaffeegenuss.
Was hat Sie zum Aufbau dieses Business inspiriert?
Bei meiner vorherigen Arbeit habe ich gesehen, dass es bei verschiedenen Events Bedarf für mobile Coffeeshops gibt. Ich hatte sowieso darüber nachgedacht, mich selbständig zu machen, also habe ich gesagt: Ok, ich setze jetzt alles auf eine Karte und habe angefangen, FirstLoveCoffee zu konzipieren. Farbe, Markenname und die Idee mit den Pferdeanhängern – da kam eins zum anderen und irgendwann war ich auf den ersten Events.
Manchmal gabs eine Schlange von 20 Metern vor dem Wagen, wo man gar nicht wusste, wie man das alles abarbeiten oder was man tun soll, wenn der Kaffee oder die Becher ausgehen. Manchmal war es recht einsam. Mit jedem Event wuchs die Lernkurve: Was funktioniert, was funktioniert nicht? Wie kann ich die Prozesse optimieren, um auch die Geschwindigkeit weiter zu steigern? Auch, dass der Cateringbereich für uns so groß wird, hätte ich am Anfang gar nicht so eingeschätzt.
Was begründet den Erfolg von FirstLoveCoffee?
Auch mit einer guten Idee muss man sich permanent weiterentwickeln. Ich bin generell dafür, das, was man tut, zu hinterfragen und immer wieder neue Wege einzuschlagen. Deshalb haben wir gerade am Anfang viele Dinge gemacht, die wir jetzt nicht mehr machen. Beispielsweise wissen wir heute, dass es Events gibt, bei denen das Publikum eben keine FirstLoveCoffee-Kundschaft ist. Das erfährt man aber halt einfach nur übers Ausprobieren. Das gilt nicht nur für Events oder unser Angebot, sondern auch für das Kostenmanagement: Früher war es zum Beispiel so, dass wir bei Veranstaltungen den ganzen Tag zu zweit waren. Heute arbeiten wir in einem Schichtsystem. Einer fängt allein an, ein Zweiter kommt dazu, es wird eine Weile zu zweit gearbeitet, bis der Erste dann früher aufhört und der Zweite die letzten Stunden allein übernimmt. Dadurch entlasten wir unser Team, sind flexibler und sparen massiv Kosten ein, ohne auf der Output-Seite einen Unterschied zu sehen.
Apropos Output-Seite: FirstLoveCoffee ist mittlerweile auf vielen richtig großen und bekannten Events, wie kommt man dorthin?
Ich bin einfach mit offenen Augen durch die Gegend gelaufen und habe gefragt. Schon bevor ich überhaupt angefangen hatte, habe ich schon den einen oder anderen General-Caterer angefragt, ob ich nicht mitmachen könnte. Oft habe ich erstmal keine Antwort bekommen, aber nach einem Jahr wieder gefragt: Wie sieht es denn jetzt aus? Und dann kam die Antwort: Ja klar, kannste machen! Einfach zur richtigen Zeit gefragt und immer am Ball geblieben. So ist Vertriebsarbeit: Wer präsent bleibt, kommt auch zum Zug. Die Leute wissen die Hartnäckigkeit dann doch irgendwann zu schätzen (lacht).
Immer öfter seid ihr mit den FirstLoveCoffee-Wägen auch in der südlichen Hälfte der Bundesrepublik unterwegs. Merkt ihr da einen Unterschied zu eurer norddeutschen Heimat?
Wir hatten ein großes Event in München, wo wir bei den BMW Open standen und sehr überrascht über die Anzahl der verkauften Cappuccino waren. Das war signifikant mehr, als wir in Hamburg verkauft haben. Und Hafermilch haben wir auch deutlich mehr verkauft. Da merkt man schon, dass Milchersatzprodukte jetzt doch sehr stark am wachsen sind. Trotz dessen würde ich sagen, dass wir die großen Unterschiede eher zwischen ländlichen und urbanen Regionen sehen.
Die da wären?
Auf der einen Seite gibt es Unterschiede beim Absatz einzelner Produkte: Hat man eine junge, urbane Zielgruppe, kann man eher auch mal innovative Produkte wie Coldbrew oder Nitro platzieren und ausprobieren als auf einer goldenen Hochzeit auf dem Land. Auf der anderen Seite hängen die Menschen dort auch noch stärker am Bargeld.
Hat das einen Einfluss auf Ihre Arbeit oder gar Ihren Absatz?
Bargeld bedeutet für uns immer: Kassensturz, Bareinzahlungen und etwaige Fehler beim Wechselgeld rausgeben. Bargeld kostet Geld, wohingegen die Gebühren bei der Kartenzahlung durch die höhere Anzahl an Kaufakten pro Stunde ausgeglichen werden. Sind es mit Karten oder Handyzahlung 3 oder 4 Kaufakte mehr, spielen 0,1% Gebühr keine Rolle.
Bietet FirstLoveCoffee deshalb so viele verschiedene Bezahlmöglichkeiten?
Für mich geht es darum, dass Kund:innen, wenn sie bezahlen wollen, sofort bezahlen können. Wenn ich dann sage, wir akzeptieren die oder die Karte nicht, dann muss er erst eine andere Karte raussuchen etc. Das kostet dann wieder Zeit und führt dazu, dass ich in einer Stunde weniger Kaufakte generiere, was wiederum Umsatz kostet. Von daher geht es für mich darum, den Bezahlprozess so schnell wie möglich zu machen und das bedeutet, alles zu akzeptieren, was es gibt.
Beobachten Sie Besonderheiten bei der Amex-Kundschaft?
Amex-Kund:innen haben einen höheren Durchschnittsbon als die, die bar zahlen und auch als die, die mit anderen Karten zahlen. Das kann man wirklich so sagen. Bei uns generieren sie im Schnitt einen 20 % höheren Durchschnittsbon.
Zielt Ihr eigener Kaffee, der jetzt online und in ausgewählten Shops erhältlich ist auf diese Zielgruppe?
Wenn man auf diesem Markt erfolgreich sein möchte, muss man aus der Masse herausstechen. Das Produkt muss im Regal genauso auffallen wie online. Deshalb setzen wir neben höchster Qualität und Bio-Zertifizierung auch auf eine Verpackung, die Leute gerne auf dem Tresen stehen lassen können, weil sie sich optisch im Positiven massiv von dem unterscheidet, was man sonst so sieht.
Vom Stationären Verkauf in den Einzelhandel, das klingt nach einem mutigen Schritt …
Klar überlegt man immer, wie man sich breiter und eben auch robuster aufstellen kann. Und auch hier kann man klein oder groß denken. Ich habe mich dazu entschieden, ein Investment zu machen und eine eigene Folie zu drucken. Das ist natürlich deutlich teurer, als eine Standardtüte zu etikettieren. Wir haben das aber so angelegt, weil wir echte Kaffeeliebhaber:innen damit beglücken möchten und schauen jetzt einfach mal, wie sich das Ganze entwickelt.
Wir sind gespannt und wünschen dabei viel Erfolg. Danke für das Gespräch.
Danke auch.
Du möchtest mehr über FirstLoveCoffee erfahren und wissen, wie Philip Vocke und sein Team Analysen zur Sortimentsoptimierung nutzen? Dann lese auch den zweiten Teil unseres Interviews: Umsatzplus durch Sortimentanalyse.