Im Gespräch mit Ruslan Ilyassov
Die Welt der Online-Plattformen ist volatil. Welche Auswirkungen hat das gerade im Bereich Recruiting – wo müssen Personaler:innen heute unterwegs sein?
Betrachtet man die Geschichte des Internets mit all den riesigen Erfolgen, die erst mal als kurzlebige Trends abgetan wurden, kann man sagen: Es ist komplett egal, auf welcher Plattform wir sind. Wichtig ist, auf welcher Plattform die Zielgruppe ist. Ich gehöre zur Facebook-Generation, mein sieben Jahre jüngerer Bruder ist vor allem auf Instagram aktiv. Und unser jüngster Bruder, der gerade sechzehn ist, nutzt fast nur noch TikTok. Das heißt, dass grundsätzlich alle Plattformen relevant sind und übermorgen eben neue Plattformen relevant werden. Deshalb ist auch Social-Media-Recruiting kein Trend, sondern ein immer ernst zu nehmender Bestandteil von Personalarbeit. Genau wie Jobplattformen, wie StepStone und Monster, heutzutage nicht wegzudenken sind, wird Social-Media-Recruiting in Zukunft nicht wegzudenken sein. Vor allem, weil sich der Arbeitgebermarkt immer mehr zum Arbeitnehmermarkt entwickelt. Wer das begreift und schnell und richtig handelt, kann heute noch von einer echten Vorreiterrolle profitieren. Denn die Nachzügler-Unternehmen, die auf Nummer sicher gehen, bekommen auf dem Arbeitnehmermarkt natürlich nur noch die Übriggebliebenen.
Zum Vorreitersein gehört aber auch, Dinge auszuprobieren: Bei Adstark haben wir beispielsweise Spotify-Werbung geschaltet – einfach, um zu schauen, ob das ein nützliches Tool sein könnte. Nur durch Austesten können wir up to date bleiben und Strategien entwickeln, die auch für unsere Kund:innen funktionieren.
Recruiting funktioniert über gute Kampagnen, aber natürlich müssen Arbeitgeber:innen auch halten, was sie in diesen versprechen. Welche Trends beobachten Sie in den Bereichen Employer-Branding und Unternehmenskultur?
Also, je größer ein Unternehmen ist, desto standardisierter sind die Abläufe. Deswegen können viele sich nicht einfach ständig ändern. In Bezug auf ihre Unternehmenskultur müssten sie es aber tun. Oftmals wissen die Entscheider:innen das sogar, fragen aber dann nicht einmal ihre Mitarbeitenden, in welche Richtung es gehen soll. Der Vorstand entscheidet: „Wir bekommen einen Tischkicker und einen Obstkorb werden wir auch bald haben.“ Dabei sehen wir oft, dass diesbezüglich die Meinungen und Wünsche weit auseinandergehen. Tendenziell sind die Mitarbeitenden einfach viel glücklicher, wenn sie in Entscheidungen einbezogen werden. Generell müssen sich Unternehmen wohl viel stärker mit den Bedürfnissen ihrer Mitarbeitenden auseinandersetzen.
Und was sind die häufigsten Fehler beziehungsweise absolute No-Gos beim Recruiting?
Ein No-Go sind zu lange Reaktionszeiten. Bei digitalen Bewerbungsprozessen muss man etwa zehnmal schneller sein als bei analogen. Heißt, Bewerber:innen erwarten in den nächsten ein, zwei Tagen eine Rückmeldung. Da kann man nicht sagen: „Ich hatte jetzt 40 Anfragen, aber ich werde sie erst nächste Woche bearbeiten, weil ich was anderes erledigen muss.“ Deswegen stellen wir, schon bevor wir eine Kampagne starten, klar, dass es eine feste Zuständigkeit für die Reaktionen auf die Bewerbungen geben muss. Ein kurzer Rückruf innerhalb von 24 Stunden reicht vollkommen aus – da sprechen wir von zwei bis drei Minuten, man muss nicht direkt das Bewerbungsgespräch am Telefon führen. Dafür geben wir unseren Kund:innen auch eine How-to-Anleitung, erstellt mit Blaupausen und Vorlagetexten für Telefongespräche und Mailings.
Ein weiteres No-Go ist die standardisierte Stellenausschreibung. Über ein paar generische Bullets – flache Hierarchien, Homeoffice nach Absprache und so weiter – baut man keine Emotionen auf und eigentlich geht es auch bei Stellenausschreibungen genau darum. Deshalb helfen wir auch beim Texten der Ads.
Das größte No-Go ist die falsche Überzeugung, dass der Arbeitsmarkt ein Arbeitgebermarkt sei. Wenn ich jetzt mit dem Auto durch die Stadt fahre, dann ist an jedem zweiten Gebäude, sei es ein Firmengebäude, Bürogebäude oder sonst wo ein Banner mit „Wir suchen…“ Fast alle Arbeitgeber:innen suchen, aber von den Arbeitnehmer:innen, die sich einen Stellenwechsel vorstellen könnten, schauen sich 85 % nicht einmal aktiv nach Möglichkeiten um. Deshalb müssen sich die Arbeitgeber:innen viel stärker dort platzieren, wo mögliche Mitarbeitende Zeit verbringen – beispielsweise auf Social Media.
Adstark nutzt nicht nur selbst American Express, sondern akzeptiert auch selbst Amex Zahlungen. Was unterscheidet Amex Kund:innen von anderen?
Bei unserem Prozess entsteht für Amex Kund:innen sogar ein Zeitvorteil. Wir haben gewisse Projektphasen: erst die Set-up-Phase, dann die Entwicklungsphase und Go-Live-Phase, bis wir schließlich bei wöchentlichen Optimierungsphasen ankommen. Meistens gehen wir zwei Wochen nach dem Auftrag live – was schon extrem schnell ist. Wir können die Go-Live-Phase aber noch einmal vorziehen, wenn der/die Kund:in das Werbebudget früher bezahlt hat. Amex Kund:innen buchen Kampagnen und bezahlen sie sofort. Deshalb können wir auch direkt für sie loslegen – und potenziellen Mitarbeitenden werden schneller die Anzeigen der Kund:innen ausgespielt. Und das ist viel wert, denn in der Regel möchten unsere Kund:innen die Person, die sie suchen, am besten bereits gestern eingestellt haben.
Apropos bereits gestern eingestellt: Wie kommen Kund:innen eigentlich auf Adstark?
Oft ist es so, dass Kund:innen tatsächlich kurz vor der Verzweiflung stehen, schon viel ausprobiert und viel Geld investiert haben, aber nichts wirklich funktionierte. Und dann hören sie erst von Social-Media-Recruiting und suchen danach und stoßen auf uns. Wenn sie es ausprobieren, sind sie dann oft überrascht, wie schnell wir ihnen ganze Bewerberpools anlegen. Wir hatten unlängst erst für eine Brauerei, die lange vergebens gesucht hatte, 23 Einstellungen in einem Monat.
Herr Ilyassov vielen Dank für das Gespräch.